Wenn exotische Gehölze in der Stadt durch Wildblumenwiesen ersetzt werden, lockt dies vermehrt Insekten an und trägt wesentlich zur Förderung vieler Insektengruppen bei. Zugleich ist die Pflege der Wildblumenflächen deutlich kostengünstiger als die vorherige Begrünung. Dies zeigte eine zweijährige Freilandstudie der TU Darmstadt in Riedstadt, deren Ergebnisse jetzt unter dem Titel „Flower power in the city“ in der internationalen Fachpublikation The Public Library of Science ONE (PLOS ONE) veröffentlicht wurden.
Weltweite Berichte zeigen, dass Zahl und Vielfalt von Insekten massiv zurückgehen – mit ebenso gravierenden Folgen für die Ökosysteme, da Insekten zugleich als Bestäuber wie als Nahrungsquelle für andere Tiere dienen. Bislang nicht erforscht war, ob und wie es die Insektenvielfalt beeinflusst, wenn man die im urbanen Umfeld oft als „Straßenbegleitgrün“ eingesetzten exotischen Gehölze gezielt durch Wildblumen ersetzt. Unter anderem dieser Frage widmete sich eine Gruppe von Forschenden und Studierenden der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke am Fachbereich Biologie der TU Darmstadt in Zusammenarbeit mit der Fachgruppe Umwelt der Büchnerstadt Riedstadt.
In einer zweijährigen Freilandstudie sammelten die Forscher*innen Arthropoden (Gliederfüßer), also unter anderem Spinnen und Insekten wie Ameisen, Käfer und Heuschrecken, auf innerstädtischen Grünflächen in Riedstadt. Dabei wurden die auftretenden Arten sowie die Zahl der jeweils vorgefundenen Exemplare erfasst. Die Untersuchung erfolgte sowohl auf Flächen, die noch mit dem alten Straßenbegleitgrün aus überwiegend nicht heimischen Straucharten bepflanzt waren, wie auch auf den seit 2010 angelegten Wildblumenflächen, wobei sowohl neu eingesäte Flächen wie auch bereits schon länger entwickelte Wildblumenbestände berücksichtigt wurden.
Mit eindeutigem Ergebnis: Je nach Fangmethode lag die Zahl der Insekten auf Wildblumenflächen zwischen 212 und 260 Prozent höher als die Zahl der Exemplare, die auf Gehölzflächen gesammelt wurden. „Unsere Studie zeigte deutlich, dass viele Insektengruppen durch das Anlegen von Wildblumenwiesen gefördert werden können“, sagt Privatdozent Karsten Mody, Erstautor der Studie. So können öffentliche, private und landwirtschaftlich genutzte Grünflächen in Stadt und Land – bei geeignetem Management – auch dem Erhalt der Insektenvielfalt dienen. Zudem konnte die Studie auch zeigen, dass die Pflege der Wildblumenwiesen im Vergleich zu den ursprünglichen Gehölzen um den Faktor fünf günstiger ist, da die Flächen nun einfach und schnell gemäht werden können, und der Bewuchs nicht mehr aufwändig mit Heckenscheren zurückgeschnitten werden muss.
„Durch die erhöhte Insektendichte können städtische Grünflächen, wenn sie als Wildblumenwiesen angelegt sind, sehr wertvoll für die Biodiversität sein“, erklären Karsten Mody und Co-Autor Matthias Harnisch, der die Studie seitens der Stadt Riedstadt mit bearbeitet hat. „Man kann Insekten fördern und Kosten sparen – eine echte Win-Win-Situation.“
Die Studie „Flower power in the city: Replacing roadside shrubs by wildflower meadows increases insect numbers and reduces maintenance costs“ kann online kostenfrei unter dem nachfolgenden Link aufgerufen warden: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0234327
Einen eher praxisbezogenen und stärker auf die kommunalen Belange ausgerichteten Blickwinkel nimmt die Zeitschrift “Kommunaltechnik” ein, die in ihrer April/Mai-Ausgabe 2020 den Riedstädter Grünflächen ebenfalls einen großen Beitrag gewidmet hat. Dort werden die Geschichte, der Hintergrund und die Ziele der Riedstädter Grünflächenumgestaltung dargestellt sowie Art und Umfang der kommunalen Grünflächenpflege durch den städtischen Bauhof.
Zudem wird auf das in Riedstadt seit 2010 eingesetzte Instrument der Grünflächen-Pflegepatenschaften hingewiesen, das sich als gute Möglichkeit bewährt hat, Anwohner*innen in die Gestaltung und Pflege der öffentlichen Grünflächen vor ihrer Wohnung einzubeziehen. Auch in „Kommunaltechnik“ wird auf den doppelten Nutzen der naturnahen Grünflächengestaltung in Riedstadt hingewiesen: Die Förderung der biologischen Vielfalt bei gleichzeitiger Senkung des Pflegeaufwands. Der Artikel ist in der Zeitschrift „Kommunaltechnik“ Nr. 3/2020 (April/Mai 2020) auf den Seiten 28-31 erschienen - siehe kommunaltechnik.net