Würdigung eines Psychiatriereformers

Gesprächsrunde zu Ludwig Amelung, die frühe Psychiatrie und die Büchners

Der stark verwitterte Grabstein Amelungs soll saniert werden.

Im September und Oktober 2022 hat der Verein BüchnerFindetStatt eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne durchgeführt. Unterstützt von der Volksbank Südhessen wurden über 4.000 Euro eingeworben, um den verwitterten Grabstein des ersten medizinischen Hospitalleiters, des frühen Psychiaters und Psychiatriereformers Ludwig Amelung, zu sanieren. Es ist beabsichtigt, die Arbeiten bis März 2023 abzuschließen und den sanierten Stein an Amelungs Todestag, dem 19. April, öffentlich vorzustellen.  

In der Veranstaltungsreihe „Casino“ des Büchnerhauses diskutiert am Donnerstag, 17. November, um 19:00 Uhr in der Kunstgalerie am Büchnerhaus eine Expertenrunde unter Moderation von Büchnerhausleiter Peter Brunner über Amelung, die frühe Psychiatrie, die Familie Büchner, den Hospitalfriedhof und die Denkmalsanierung. Mit dabei sein werden die Lokalhistoriker*innen Marianne Deuster (Goddelau), Klaus Bitsch (Crumstadt) und Klaus Görlich (Goddelau), sowie Peter Gomes vom Museum Philippshospital und Werner Schmidt (Vereinsvorsitzender BüchnerFindetStatt). Angefragt sind auch Ruth Andres, Steinmetzin und Restauratorin aus Darmstadt, und Dipl-Ing G. Hexemer von der Kreisdenkmalpflege Groß-Gerau. Der Eintritt für diese Veranstaltung ist frei.  

Amelungs Engagement für die Verbesserung der Lage der Hospitalinsassen war außerordentlich. Unter seiner Leitung wurde aus der gefängnisähnlichen „Verwahrung“ der Patienten die Unterbringung von Erkrankten. Damit wurde das Hospital ein Vorbild im Umgang mit psychischer Erkrankung. Es ist kein Zufall, dass er den Fall des Mörders Woyzeck und seine Gerichtsverhandlung in Leipzig beobachtet und in seinen Veröffentlichungen erwähnt hat. Hier wurde die Frage der Schuld und Zurechnungsfähigkeit gestellt, die später – vielleicht durch ihn angeregt – Georg Büchner in den Mittelpunkt seines Dramas stellt. Amelung war persönlich eng verbunden mit Georg Büchners Vater Ernst, der sein Amtsvorgänger als Arzt im Hospital gewesen war. Zweifellos hatten die beiden regelmäßig Austausch über ihre Veröffentlichungen.  

Amelung wurde von einem Patienten erstochen und auf dem Friedhof des Hospitals bestattet. Erst 1873 wurde ein „von der Anstalt gestifteter Gedenkstein“ auf sein Grab gelegt. Wahrscheinlich liegt in unmittelbarer Nähe auch Georg Büchners Großvater Reuß, der als Verwalter des Hospitals 1815 starb. Dessen Grabstein ist leider verloren. Doch durch den Lokal- und Büchnerforscher Hans Deuster wurde Amelungs Grab aufgefunden und hergerichtet. Mittlerweile ist der Stein stark verwittert und nicht mehr lesbar. Aufgrund der Bedeutung Amelungs für das Hospital, die Psychiatrie in Deutschland und Georg Büchners Werk hat es sich der Verein BüchnerFindetStatt zur Aufgabe gemacht, das Grab wieder herzurichten und zu erhalten.