Schweigen oder Solidarität

Aktionstag gegen Catcalling auf dem Riedstädter Rathausplatz

Die Riedstädter Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Jennifer Muth bei ihrer Begrüßung. Hinter ihr stehen Tanja Demuth, Zoe Pieterse, Dilara Cetin, Aila Ahmed, Elana Meyer und Erster Stadtrat Ottmar Eberling (v.li)
Mit Kreide wurden übergriffige Sprüche auf den Riedstädter Rathausplatz geschrieben.
Melanie Wegling mit Sohn Oskar sowie Yaren Aktas, Tanja Demuth und Zoe Pieterse (v.li.)
Sprüche auf dem Riedstädter Rathausplatz.

Am Freitag, 13. Juni herrschte drückende Hitze auf dem Riedstädter Rathausplatz. Bedrückend war auch, was an Sprüchen sexualisierter Gewalt mit bunter Kreide auf das Pflaster geschrieben wurde. „Hab dich mal nicht so“ war da zu lesen, „willste mit mir aufs Klo?“ und „Ey Puppe“. Die Riedstädter Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Jennifer Muth beteiligte sich an dem bundesweiten Aktionstag Catcalling und hatte dazu aufgerufen, zum Rathausplatz zu kommen und negative Erfahrungen mit sexueller Belästigung im öffentlichen Raum anzukreiden.  

Im Kreis Groß-Gerau wurde der Aktionstag unter dem Motto „Catcalling ist #keinkompliment“ vom Büro für Frauen- und Chancengleichheit des Kreises initiiert und koordiniert. Außer in der Büchnerstadt Riedstadt gab es auch noch Ankreide-Aktionen in Groß-Gerau und Rüsselsheim, die Büttelborner Gleichstellungsbeauftragte Dani Hoffmann unterstützte in Riedstadt mit einem Stand mit Infomaterial. Zum Aktionstag auf den Riedstädter Rathausplatz gekommen waren insbesondere vier Klassen der Martin-Niemöller-Schule (MNS). „Ich freue mich, dass so viele junge Menschen hier sind“, begrüßte Muth die Anwesenden und betonte: „Mir ist wichtig, dass sich auch die Jungs solidarisieren – das ist ein Stück Zivilcourage.“  

Nicht bedrückend, sondern Mut machend waren die Redebeiträge der von Muth eingeladenen Gäste. Das zentrale Motto über diesen Tag hinaus sei gegenseitiger Respekt, erklärte Erster Stadtrat Ottmar Eberling, der in Vertretung des urlaubenden Bürgermeisters die Veranstaltung begleitete. Das bekräftigten auf dem Podium auch die frühere Bundestagsabgeordnete Melanie Wegling, die stellvertretende Kreisschulsprecherin Edlin Ibryam, Aila Ahmed, die an der MNS unterrichtet, Elana Meyer von den Jungen Liberalen, die jungen Frauen Dilara Cetin, Zoe Pieterse und Angelina Caputo sowie die Auszubildende bei der Stadt Yaren Aktas und Personalratsvorsitzende Tanja Demuth.  

Der Begriff „Catcalling“ stammt aus der englischen Umgangssprache und bedeutet in etwa „Katzenrufen“. Er kann auch verstanden werden als das unerträgliche Geschrei triebgesteuerter Kater. Darunter werden verschiedene Arten der sexuellen Belästigung ohne Körperkontakt im öffentlichen Raum zusammengefasst. Wegling berichtete, dass sie derartige Pöbeleien auch im Deutschen Bundestag erlebt habe.  

„Catcalling ist kein Zeichen von Interesse – es ist Grenzüberschreitung. Es geht nicht um nette Worte, es geht um Macht“, betonte Ibryam. Viel Applaus erhielt die 19jährige Caputo für ihren Appell: „Wir müssen reden. Denn Schweigen ist wie ein Schild für die Falschen. Schweigen schützt die, die verletzen – und lässt die Verletzten allein. Bitte seid laut. Sagt etwas. Denn für die betroffene Person kann dieser eine Satz alles verändern. Es ist der Unterschied zwischen Alleinsein und gesehen werden. Zwischen Schweigen und Solidarität.“