Blühende Schwertlilien und Orchideen

Wissenschaftliche Exkursionen führten zu Stromtalwiesen

Der Riedstädter Projektleiter Matthias Harnisch führte die Gäste aus Marburg über eine Renaturierungsfläche in Leeheim.
Die sibirische Schwertlilie auf einer Renaturierungsfläche in Erfelden.
Studierende aus Marburg gehen hintereinander über eine Stromtalwiese bei Leeheim.
Die Studierenden aus Marburg unter Leitung von Prof. Dr. Lampei Bucharova (vorn) auf einer Renaturierungsfläche in Leeheim.

Ab Mitte Mai blühen die Schwertlilien auf den Stromtalwiesen und viele weitere attraktive Pflanzenarten dieser seltenen Auenwiesen. Kein Wunder also, dass diese Zeit ein begehrter Zeitpunkt für Exkursionen zu den Wiesen ist, die in einem überregional beachteten und mehrfach ausgezeichneten Projekt auf großen Flächen am Rhein von der Büchnerstadt Riedstadt renaturiert wurden.  

Auch dieses Jahr ist das Interesse groß: Zunächst war am 20. Mai eine Delegation der Landesanstalt für Umwelt aus Baden-Württemberg zu Besuch in Riedstadt, um sich insbesondere die Pfeifengraswiesen in Erfelden und Leeheim sowie die hier durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen anzuschauen.  

In Riedstadt gibt es zwei Arten seltener Stromtal-Auenwiesen. Zum einen die Brenndoldenwiesen auf Böden mit mittleren Nährstoffgehalten. Zum anderen die Pfeifengraswiesen auf sehr nährstoffarmen Böden, die in der hessischen Oberrheinaue aufgrund der Nährstofffracht des Rheines nur an sehr wenigen Standorten in der Altaue, also landseits des Rheindeichs, zu finden sind. In Riedstadt ist dies im Naturschutzgebiet Riedwiesen von Wächterstadt, den Bruderlöchern und auf einer Renaturierungsfläche in Leeheim der Fall, wo vor der Durchführung der Renaturierungsmaßnahmen im Jahr 1997 der nährstoffreiche Oberboden in einer Stärke von 30 bis 50 Zentimetern abgetragen wurde.  

Diese Pfeifengraswiesen unterscheiden sich schon auf den ersten Blick deutlich von den sonstigen Auenwiesen: es finden sich dort viel niedrigere, nicht so dichte Pflanzenbestände fast ohne Gräser, dafür aber mit einer Vielzahl sehr seltener Arten wie dem Lungen-Enzian, der Sibirischen Schwertlilie oder dem Heil-Ziest. Die Pfeifengraswiesen sind wie die Brenndoldenwiesen ein nach der Natura-2000-Richtlinie europaweit geschützter Lebensraumtyp. In Baden-Württemberg finden sich größere Bestände dieser Wiesen und die Mitarbeiterinnen der Landesanstalt aus Karlsruhe wollten sich über die hier gemachten Erfahrungen mit der Erhaltung, Pflege und Renaturierung der Pfeifengraswiesen informieren.

Am 6. Juni besuchte dann eine Gruppe von 20 Studierenden des Studiengangs „Naturschutz“ der Universität Marburg unter Leitung von Professor Dr. Anna Lampei Bucharova die Riedstädter Stromtalwiesen. Die Gruppe aus Marburg wurde dabei vom Riedstädter Projektleiter Matthias Harnisch zu Renaturierungsflächen aus verschiedenen Jahren und in verschiedenen Entwicklungsstadien geführt. Zudem konnten vom Rand aus die alten Stromtalwiesen im Naturschutzgebiet „Riedwiesen von Wächterstadt“, die als Spenderflächen das wertvolle Ausgangsmaterial für die Renaturierungsmaßnahmen liefern, besichtigt werden.  

Ein kleiner Abstecher führe dann noch an den Rheindeich, wo eine seltene Orchideenart, die Bienen-Ragwurz, gerade zu blühen anfing. Abschließend wurde die erste aller Renaturierungsflächen besucht, die bereits oben erwähnte Fläche mit Oberbodenabtrag aus dem Jahr 1997, wo sich auf engstem Raum eine Vielzahl seltener und den meisten der Studierenden bisher nicht aus eigener Anschauung bekannter Pflanzenarten beobachten ließen. Die Besucherinnen und Besucher hatten Glück, dass in diesem Jahr, anders als im Vorjahr, sowohl die Wiesen-Schwertlilie (Iris spuria) wie auch die Sibirische Schwertlilie in vielen Exemplaren blühten.

Den vorläufigen Abschluss wird am 14/15. Juli noch eine größere Gruppe der Universität Münster unter Leitung von Professor Dr. Dr. hc. Nobert Hölzel bilden, der, damals noch an der Universität Gießen, Initiator des Riedstädter Stromtalwiesenprojektes war. Die Gruppe von Prof. Hölzel wird, wie jedes Jahr seit dem Jahr 1998 mit Ausnahme des „Schweinepestjahrs“ 2024, die auf der Renaturierungsfläche von 1997 eingerichteten Dauerbeobachtungsflächen vegetationskundlich und faunistisch untersuchen. Weitere Informationen zu den Riedstädter Stromtalwiesen finden sich unter www.riedstadt.de/stromtalwiesen.