Vor dem Hintergrund, dass die Straßenbeitragssatzung zum Ende dieses Jahres ausläuft und daher unklar ist, wie ab dem 1. Januar 2025 neue Straßensanierungsmaßnahmen finanziert werden sollen, hatte die Stadtverordnetenversammlung der Büchnerstadt Riedstadt entschieden, dass es Bürger-Informationsveranstaltungen in Goddelau, Leeheim und Wolfskehlen geben solle. Dabei sollten die verschiedenen Möglichkeiten der Straßenfinanzierung mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen vorgestellt werden. Den Auftakt gab es am 16. September im Bürgerhaus Wolfskehlen, es folgten Infoabende in der Heinrich-Bonn-Halle Leeheim (18. September) und der Christoph-Bär-Halle in Goddelau (25. September).
Zu Beginn der ersten beiden Veranstaltungen gab Stadtverordnetenvorsteher Guido Funk einen Rückblick auf das Thema Straßenfinanzierung in Riedstadt, in Goddelau übernahm diesen Part seine Stellvertreterin Melanie Stahlecker-Zach. Demnach wurden bereits in den 50er und 60er Jahren in den damals noch eigenständigen Gemeinden Anliegerbeiträge erhoben. Diese Praxis wurde auch nach der Gemeindegebietsreform 1977 in der neu gegründeten Gemeinde Riedstadt fortgesetzt. Im September 2017 fasste die Stadtverordnetenversammlung dann auf Antrag der Freien Wähler den Beschluss, ab dem 1. Januar 2019 von einmaligen auf wiederkehrende Straßenbeiträge umzustellen.
Seit diesem Zeitpunkt gelten sie in zwölf einzeln ausgewiesenen Abrechnungsgebieten. Wegen des Verwaltungsaufwands bei der Umstellung auf wiederkehrende Straßenbeiträge erhielt die Stadt zur Einführung eine Fördersumme von insgesamt 240.000 Euro durch das Regierungspräsidium Darmstadt. Aufgrund eines Klageverfahrens wurde die Satzung unter Berücksichtigung der Hinweise des Verwaltungsgerichts Darmstadt von der Stadtverordnetenversammlung im Oktober 2023 neu beschlossen. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2019 in Kraft, sodass auch die Bescheide von 2019 entsprechend korrigiert und neu erlassen wurden. Derzeit ist noch ein Musterstreitverfahren vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt anhängig.
Rechtsanwältin Alexandra Rauscher vom Hessischen Städte- und Gemeindebund gab in ihrem Vortrag einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Straßenbaufinanzierung und ihre gesetzlichen Rahmenbedingungen. In den von Carsten Ullrich von der Freiherr-vom-Stein-Kommunalberatung moderierten anschließenden Fragerunden wurden viele Themen noch einmal verdeutlicht und spezifiziert.
Demnach dürfen Straßenbeiträge von einer Kommune ausschließlich zur Grundsanierung, Erweiterung oder Verbesserung einer Straße erhoben werden. Die der Berechnung zugrunde liegenden Kalkulationsperioden sind Gebührenhaushalten vergleichbar und dürfen entsprechend weder Gewinn noch Verlust erwirtschaften, sondern müssen ausgeglichen sein. Da eine verbesserte Straße den Verkehrs- und Gebrauchswert eines Grundstücks steigert, muss sich nur der Eigentümer an den Kosten beteiligen, er darf sie nicht an Mieter weitergeben.
Nach Paragraf 93 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) braucht eine Kommune keine Straßenbeiträge erheben, muss aber sicherstellen, dass alle Kosten aus dem kommunalen Haushalt bestritten werden können, der Etat ausgeglichen bleibt und dafür keine Kredite aufgenommen werden. Bei der Finanzlage der Stadt ein schwieriges Unterfangen, erläuterte Rauscher. Als einzige Alternative zu Straßenbeiträgen bleibe nur eine erheblich Anhebung der Grundsteuer B. Doch dies habe einige Nachteile, wie sie erläuterte. So sei eine Steuer im Gegensatz zu Gebühren niemals zweckgebunden und könnte bei Bedarf auch anderweitig eingesetzt werden. Zudem könnten Eigentümer im Gegensatz zu Straßenbeiträgen Mieter an der Grundsteuer B beteiligen. Des Weiteren würden durch die höheren Einnahmen der Stadt mittelfristig die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Kommune sinken, während die Kreis- und Schulumlage steigen würden, was den Haushalt zusätzlich belasten würde. Bürgermeister Marcus Kretschmann wies darüber hinaus darauf hin, dass die Stadt angesichts von über mehrere Jahre laufenden Bauprogrammen und Kalkulationsperioden Verlässlichkeit brauche.
Ausführlich verglich die Referentin einmalige und wiederkehrende Straßenbeiträge. So werde bei einmaligen Beiträgen eine Kostenbeteiligung nur für die Grundstückseigentümer der betreffenden Straße fällig. Dabei seien einmalig hohe Beiträge zu zahlen, die allerdings seit einer Änderung von 2019 in Jahresraten bis zu 20 Jahren aufgeteilt werden könnten. Bei wiederkehrenden Beiträgen liege ein klar definiertes Abrechnungsgebiet zugrunde. Stehe innerhalb dieses Gebiets eine Straßensanierung an, würden bei allen Grundstückseigentümern dieses Gebiets Beiträge fällig. Diese seien dafür nicht so hoch, wie bei einmaligen Zahlungen. Rechtlich nicht möglich sei es, ganz Riedstadt zu einem Abrechnungsgebiet zusammenzufassen, betonte Rauscher. Sowohl bei den einmaligen wie auch den wiederkehrenden Straßenbeiträgen ist auch die Stadt an den Kosten beteiligt.
Ein großes Thema bei allen drei Infoveranstaltungen waren die Hausanschlüsse an die öffentliche Kanalisation. Denn eine grundhafte Straßensanierung ist in Riedstadt immer verbunden mit einer Erneuerung der Kanalisation. Dabei werden auch stets die Hausanschlüsse erneuert. Da diese aber nur das Haus betreffen, müssen sie vom Hauseigentümer bezahlt werden und fließen nicht in die Straßenbeiträge ein. Die Baukosten für den Straßenbereich, in dem die Hauptkanalisation läuft, werden im Übrigen von den Stadtwerken getragen.