„Was brauchst du, um glücklich leben zu können?“, lautet die Frage auf einem großen, bunten Banner des Reallabor Demokratikum der Weidig-Stadt Butzbach. Bei der „Kinderrechte-Glücksfrage“ können Kinder auf einer dazugehörigen Tafel Punkte nach Wichtigkeit für sich vergeben bei Stichworten wie „Platz zum Spielen“, oder „Eltern“. „Sie können auch gerne mit Ihren Schülerinnen und Schülern selber Zettel mit Schlagworten erstellen. Die letzte Schule hat zum Beispiel noch den Punkt „ohne Angst leben“ aufgenommen“, erklärte Dr. Andrea Soboth vom Demokratikum Butzbach.
Sie war in die Büchnerstadt Riedstadt gekommen, um Vertreterinnen Riedstädter Schulen eine Einführung in das „Lernlabor Kinderrechte und Demokratie“ des Demokratikums zu geben. Fünf Wochen lang tourt das Lernlabor mit seinen fünf Mitmachstationen durch Riedstädter Grundschulen sowie die Martin-Niemöller-Schule. Die erste Station war die Grundschule Wolfskehlen und dorthin waren auch Lehrerinnen der anderen Schulen gekommen, um sich von Soboth erklären zu lassen, wie sie die verschiedenen Elemente des Lernlabors einsetzen können.
Ebenfalls gekommen war auch Bürgermeister Marcus Kretschmann. Denn auf seine Anregung und Initiative hin war es überhaupt zu der Kooperation zwischen den beiden Städten gekommen. Beim Büchnerland-Festival im Sommer letzten Jahres hatten die Bürgermeister der Friedrich-Ludwig-Weidig Stadt Butzbach und der Büchnerstadt Riedstadt in einem Podiumsgespräch sich darüber ausgetauscht, wie die beiden Städte mit dem Erbe der beiden Vordenker eines sozialen und demokratischen Miteinanders umgehen und welche Ideen zur Demokratieförderung es in den beiden Städten gibt.
Butzbach hatte dabei das mobile Lernlabor „Kinderrechte und Demokratie“ präsentiert, das für die Arbeit vor Ort in Schulen, Gruppen oder auf Veranstaltungen eingesetzt werden kann. Es gehört zum „Demokratikum“, das 2023 mit Fördermitteln des Landes Hessen entstanden ist und das Thema Demokratie an ungewöhnlichen Orten in der Innenstadt erlebbar machen will. Bürgermeister Kretschmann war fasziniert von den Möglichkeiten des Lernlabors, das sich an Grundschulen genauso einsetzen lässt, wie an weiterführenden Schulen, und vereinbarte mit dem Butzbacher Bürgermeister Michael Merle eine mögliche Kooperation. In der Folge stellte die Büchnerstadt den Schulleitungen das Projekt vor. Diese waren sehr angetan und so organisierte die Stadt mit Dr. Soboth vom Demokratikum Ausleihe und Transport der Module des Lernlabors sowie die Einführung in das Projekt.
Bei der Einführung folgten die Pädagoginnen und der Bürgermeister faszinierte den Ausführungen der Butzbacherin. „Wir sind selber auch ein lernendes System und entwickeln das Lernlabor immer noch weiter“, erklärte Soboth. So wurde den ursprünglich vier Stationen noch eine „Station 0“ vorangestellt, weil in der Praxis aufgefallen war, dass die Kinder noch etwas zum Ankommen und Einführen in das Thema benötigten. So kam es zu der „Kinderrechte-Glücksfrage“.
Auch den folgenden vier Stationen ist der aktive, spielerische und wertschätzende Ansatz eigen. So fragen bunt bebilderte Klapptafeln zu verschiedensten möglichen Kinderrechts-Themen „Stimmt? Stimmt nicht?“ Wichtig sei hier, wie auch bei allen anderen Stationen, dass man nichts falsch machen könne. Vielmehr gehe es darum, ins Gespräch zu kommen, betonte Soboth. So finden die Kinder stets eine positive Antwort, wenn sie sich für eine Antwort entschieden haben und die Tafel entsprechend aufklappen.
Bei der „Kinderrechte-Wahl“ wiederum können die Schüler*innen mit dem Einwurf verschiedenfarbiger Bälle in Säulen zu jeweils einem Kinderrecht entscheiden, welches Recht ihnen persönlich wichtig ist, welches für die Stadt gerade bedeutsam ist und welches weltweit. Nach der Abstimmung können die Kinder auf der Rückseite sehen, welches Kinderrecht wie viele Bälle erhalten hat. Eine lange Messlatte mit Jahreszahlen ist beim „Kinderrechte-Zeitstrahl“ auf dem Boden ausgelegt. Hier sollen die Heranwachsenden ein Gefühl für den Zeitablauf bekommen, je nach Alter gibt es dafür zwei Varianten. Und in der „Kinderrechte-Lounge“ laden Sitz-Hocker zum Schmökern in bereitliegenden Büchern zum Thema Kinderrechte und Demokratie ein.
„Vielen Dank an unsere Schulen, dass sie sich an dem Projekt zur Demokratieförderung beteiligen. Ich bin sehr gespannt auf die Rückmeldungen“, wandte sich Bürgermeister Kretschmann an die Pädagoginnen. Der erste Tag in Riedstadt begann auf jeden Fall verheißungsvoll: Immer wieder blieben Schüler*innen der Grundschule Wolfskehlen in der Pausenhalle stehen, um neugierige Blicke auf die ausgestellten Module zu werfen.