Wenn die Kugel im Teller landet

Große Begeisterung bei erster Vorlesestunde der Bücherei zum Thema Technik

Die Kinder tüfteln mit Katja Musiol an Kettenreaktions-Konstruktionen.
Eric hilft Büchereileiterin Anja Stark beim Becher-Teller-Stapeln.
Eik und Tim sind konzentriert bei der Sache

In der Bücherei Wolfskehlen bietet sich an diesem Nachmittag ein ungewohnter Anblick: Zwischen den Bücherregalen sitzen verschiedene Kindergruppen auf dem Boden und tüfteln konzentriert mit Legosteinen an unterschiedlichen Konstruktionen. Doch die Bücher sind keineswegs Staffage, schließlich sind wir hier bei einer Vorlesestunde der Bücherei. Wenn auch einer ganz besonderen.  

Begonnen hat alles so, wie es die vielen jungen Fans der Vorlesestunde gewohnt sind: Der plüschige Helfer Dr. Brumm ist da, Büchereileiterin Anja Stark ebenso und auch der Vorlesekoffer fehlt selbstverständlich nicht. Doch was Stark dann zur Veranschaulichung des Vorlesebuchs aus dem Koffer zaubert, sind statt der gewohnten Tierfiguren Bauklötze, eine Glühbirne und jede Menge Legosteine. Eric weiß auch sofort, wofür die Glühbirne steht: „Weil sie ohne Technik nicht funktioniert.“ „Genau“, freut sich die Büchereileiterin „und weil uns hier ein Licht aufgeht.“  

Willkommen zur ersten Vorlesestunde der Bücherei zum Thema Technik, die die Städtische Bücherei Riedstadt in Kooperation mit dem VDI Ortsverband Frankfurt-Darmstadt in Zukunft häufiger anbieten will. Auf die Idee kam die Riedstädterin Katja Musiol , die seit über zehn Jahren ehrenamtlich für den VDI arbeitet, um das Interesse an MINT-Themen (Kürzel für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu wecken und deren Sohn Jonathan seit Jahren begeisterter Vorlesestunden-Besucher ist.  

Doch zunächst wird natürlich erst einmal vorgelesen. Anja Stark hat das „Abenteuer-Forscher-Camp“ mitgebracht. In dem MINT-Erstlesebuch erleben Alina, Tom und Matti mit anderen Kindern auf einer Insel verschiedene Forscher-Abenteuer. Die Büchereileiterin hat daraus eine Episode ausgewählt und baut mit den Kindern ein möglichst hohes Becher-und-Teller-Podest.   Dann übernimmt Musiol. „Ihr seid die Clever-MINTs“, begrüßt sie die jungen Forschenden und erklärt die Bibliothek kurzerhand zur „Technothek“. 

Sie möchte den Kindern die Faszination von Entwicklung nahebringen und hat sich das Thema Kettenreaktionen für diese erste Technik-Vorlesestunde überlegt. Anhand einer langen Reihe hochkant gestellter Bausteine, die mit einem leichten Schubs gegen den ersten Stein nacheinander umfallen, erklärt sie, wie aus einer kleinen Ursache eine große Wirkung wird.  

Nach diesem Prinzip werkeln die Kinder nun in Kleingruppen aus Legosteinen an Kettenreaktion-Konstruktionen. So bauen Lenja und Juna eine Wippe und eine Rampe, während Nele, Eric und Elisa grübeln, wie sich der „Fünffall“ mit gleich fünf Reaktionen auf kleinstem Raum zusammenbauen lässt. Andere versuchen sich an Springflagge, Fallhammer und Dominoauslöser.  

Die Nachwuchs-Forscher lassen sich auch nicht entmutigen, wenn nicht alles sofort klappt. Das freut Musiol, die unterstützend von Gruppe zu Gruppe geht. „So ist das beim Forschen – da heißt es, probieren und tüfteln“, spornt sie weiter an. Am Ende werden alle Konstruktionen für eine gemeinsame Kettenreaktion hintereinandergestellt. Das klappt zunächst nicht. Doch die Kinder sind mit solcher Begeisterung dabei, dass sie die bereits wartenden Eltern ignorieren und kreativ nach Lösungen suchen. Da werden die zu leichten Legosteine durch Bücher aus den Regalen beschwert, diese wiederum als zu schwer befunden und gegen leichtere DVDs ausgetauscht. Und siehe da: Am Schluss der Kettenreaktion fliegt die Kugel wie gewünscht in den roten Ziel-Teller.  

Die Nachfrage nach den Technik-Vorlesestunden ist so hoch, dass ein Nachfolgetermin im Juni bereits wieder ausgebucht ist. Doch im vierten Quartal soll es auf jeden Fall eine weitere Vorlesestunde der besonderen Art geben, verspricht die Büchereileiterin.